1. August 2012; Rosenbach/Leubnitz
Der stille
Beobachter der Szene am Mittwochvormittag auf einem Leubnitzer Feld muss sich
gefragt haben, ob die Zeit der Großraumlandwirtschaft mit modernster Technik
vorüber ist: Da waren doch so um die 25 Leute in altbäuerlicher Kleidung
zugange, um tatsächlich mit der Sense gemähten Roggen zu Garben zu binden und
auf dem Feld wie vor sechzig und mehr Jahren üblich, Getreidepuppen zum Trocknen der Körner aufzustellen bis sie endlich in die Scheune gefahren werden konnten...
Es wurde auch kein historischer Film gedreht, denn nirgendwo waren Kamerateams
zu sehen, die in die heutige Zeit gepasst hätten. Allein der Spaß an der Sache hatte die
Leubnitzer allen voran Bäuerin Tatjana Singer auf die Idee gebracht, es doch wieder
mal zu versuchen und die Erntetechnik von
anno dunnemals aufleben zu lassen. Wenn
auch der eine oder andere das Sensenblatt
noch so einigermaßen führte, und auch die
Ährenbündel der Garben so leidlich ausfielen. Während man Wolfgang Ottiger die
Erfahrung im Umgang mit der Sense ansah,
brauchte es bei Sonja Spranger doch einige
Zeit bis die Anfertigung der Strohbänder
zum Binden der Garben klappte: „Die Tätigkeit ist vollkommen ungewohnt, aber es
macht so richtig Spaß dabei zu sein.“ Die
Altvorderen hätten nicht sehen dürfen, wie es auf dem Feld zuging. Und für die
Ährenleser, die früher oftmals beinahe leer ausgingen, wäre der Acker ein Freudentag gewesen
aber es gab keine.
|
|
Die Jahrzehnte zwischen den Nachkriegsjahren und heute haben auch bei den Fertigkeiten der Landwirte
ihre Spuren hinterlassen und die dabei waren, dürfen berechtigt stolz auf ihre Leistung
sein.
Zwischendurch blieb auch für so manchen Teilnehmer an der Gaudi Zeit, sich im
Gespräch an die verflossenen Zeiten zu erinnern. Singers hatten es extra bleiben lassen,
das Getreide am Aufwuchs zu hindern, so dass der Schlag auch die damalige Wuchshöhe aufwies. Mit der heutigen Halmlänge
wären die aus jeweils fünf Garben aufgestellten Puppen doch etwas unscheinbar
ausgefallen. Mühe und Fingerfertigkeit waren
trotzdem gefragt, die Garben zu binden und
sie dann zu Puppen aufzurichten. So standen sie dann bald in Reih und Glied und für
die Landleute rückte die Mittagsmahlzeit
heran. Die brachte Birgit Karing nicht etwa
mit dem Handwagen, sondern neuzeitlich
mit dem Auto. Trotz dieses Fehlers im historischen Ablauf ließen sich alle das deftige
Kesselgulasch mit dem dazu gereichten frischen Landbrot schmecken: Die ungewohnte Tätigkeit hatte allen richtigen Appetit gemacht.
Text und Bild: Jochen Pohlink
Bevor es Mähmaschinen gab, welche die Getreidehalme mit
einem Mähbalken ab
schnitten, war körperliche Arbeit wie hier Wolfgang Ottiger mit der Sense angesagt: Zehn gute Schnitter waren in der Lage
gerade mal einen Hektar am Tag zu mähen
Leubnitzer Nachrichten - 08/2012 - Seite 10 |
|